STEM outreach - Hilfestellungen für Schul-Lehrkräfte: Planung von Experimenten im Unterrichtsalltag

Als Teil meiner Lehre an der Rheinstation komme ich regelmäßig in Kontakt mit Schulklassen. In Gesprächen mit dem Lehrer Maik Iser kam das Thema auf, dass es im Schulalltag schwierig ist, regelmäßig Experimente im Schulunterricht einzubauen. In meinen Praktika an der Uni kriege ich auch manchmal die Bemerkung, das Experimente, Frust-Toleranz und Statistik doch nichts für den/die StudentIn sei, und die Frage, ob das in der Biologie den Alltag präge? Ja, Experimente sind für die Erkenntnisgewinnung in der Biologie essentiell, und oft funktionieren sie nicht (Aufgrund von Kleinigkeiten oder dass die Hypothese dann doch nicht richtig war). Bis es dann zu einer Erkenntnis und einem wissenschaftlichen Mehrwert führt (und einer Publikation) - und dafür leben wir.

Hinzu kommt die wahrscheinlich naive Ansicht, dass immer mehr Wissen auf Knopfdruck abrufbar ist (Internet, KI). Die große Frage ist dann für den/die NutzerIn - wie solide ist das Wissen? Wem kann ich im Internet glauben. Dabei kommen wir sehr schnell zu epistemologischen Überzeugungen und Bewertungskompetenz. Wie wird Wissen generiert und wie bewertet?

"Im Lehrplan Biologie (zumindest GYM) finden wir folgende zu vermittelnde Kompetenzen (Überbegriffe): Umgang mit Fachwissen, Erkenntnisgewinnung, Bewertung." (Maik Iser)

Und als Biologe, der viel Biochemie und Molekularbiologie betreibt, koche ich gerne. Und sowohl beim Kochen also auch im Labor kann ich das eine oder andere auswendig, aber gute Rezeptsammlungen oder Protokollsammlungen sind essentiell für den Erfolg. An der Schule sowie der Universität gibt es auch super Textbücher. Aber wie steht es mit Rezept/Protokollsammlungen für Experimente? Wir kennen keine.  Und der Zugang zu einem neuen Experiment oder Gericht ist viel niedrigschwelliger mit einem guten Protokoll / Rezept!

Es folgt eine Sammlung an didaktisch aufbereiteten Experimenten die Marceline Brera und Randy Hänel zusammen mit Dr Anja Scherwaß und mir als Teil Ihrer M.Ed. Masterarbeit vorbereitet haben .

Es ist "work in progress" - ich arbeite noch durch die Experimente von Marceline und Randy (stolze 20) und formatiere sie auf google docs um. 

Die Experimente sing als google doc geladen und können kommentiert werden. Bitte gebt uns Feedback und kommentiert Fehler, ergänzt das Experiment und verbessert die Lehreinheit! Ich nehme das gerne auf oder lade eine Variante hoch. Meine Tür steht auch sehr offen für Feedback jedweder Art um den Nutzen dieser Sammlung zu verbessern (siehe Kontakt)!

Vorwort (Randy Hänel)

Dieser Reader entstand im Rahmen einer Masterarbeit im Fach Biologie zum Erwerb des Abschluss Master of Education, entwickelt von zwei Lehramtsstudierenden. Mit Erstellung dieses Readers wurde das Ziel verfolgt Experimente und Modelle im Themenfeld Ökologie didaktisch aufzubereiten und angehenden Biologielehrkräften gesammelt zur Verfügung zu stellen.

Naturwissenschaftliche Grundbildung (Scientific Literacy) ist ein fester Bestandteil im naturwissenschaftlichen Unterricht. Dieser Begriff geht über bloßes Fachwissen weit hinaus und umfasst ebenso „ein Verständnis grundlegender naturwissenschaftlicher Konzepte“, „eine Vertrautheit mit den naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen“ sowie „die Fähigkeit, dieses Konzept- und Prozesswissen bei der Beurteilung naturwissenschaftlich-technischer Sachverhalte anzuwenden“ (Nerdel, 2017, S. 15)​. Seit 2004 sind die Ansprüche der naturwissenschaftlichen Grundbildung fest in den Bildungsstandards verankert und spiegeln sich vor allem in der Ausbildung der Erkenntnisgewinnungskompetenz wider (Kultusministerkonferenz, 2020). Das Experiment nimmt dabei eine besondere Stellung ein: fast alle Kompetenzbereiche der Erkenntnisgewinnungskompetenz können beim Experimentieren gefördert werden, denn das Experiment erlaubt ein vollständiges oder teilweises Durchlaufen des naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, welcher sich in folgende Teilprozesse unterteilt: Forschungsfrage und Hypothesenbildung, Versuchsplanung, Versuchsdurchführung, Datenauswertung und Interpretation (Krüger et al. 2018). Jedoch zeigen Vergleichsstudien des KMK-Ländervergleichs, dass SchülerInnen auch nach Beendigung ihrer schulischen Laufbahn keine genaue Vorstellung von naturwissenschaftlicher Arbeit haben, bzw. wie und unter welchen Voraussetzungen biologische Erkenntnisse erhoben werden (Wolowski, 2021). Hier zeigen sich die Defizite, an denen dieser Reader ansetzt: durch die didaktische Aufbereitung von ökologischen Experimenten und Modellen inklusive Arbeitsmaterial für die SchülerInnen, soll es Lehrkräften erleichtert werden naturwissenschaftliches Experimentieren in ihren Unterricht einzubeziehen. So kann den SchülerInnen naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitswiesen nähergebracht werden und die Erkenntnisgewinnungskompetenz aktiv gefördert werden.

Der Reader umfasst sowohl Experimente also auch Modelle zum Inhaltsfeld Ökologie für Sekundarstufe I und II. Jedes Experiment/Modell ist in eine Handreichung für Lehrkräfte inklusive Verlaufsplan und Arbeitsmaterial für Schüler*innen unterteilt. Da Studien (z.B. Arnold, 2015, Högström, 2010, Vorholzer, 2016; Walpuski &Sumfleth, 2007) belegen, dass bestimmte Unterstützungsmaßnahmen und explizite Instruktionen positiven Einfluss auf den Erwerb von experimenteller Kompetenz haben, sind folgende Unterstützungsmaßnahmen und -Methoden in das Arbeitsmaterial eingearbeitet:

Strukturierungshilfe: naturwissenschaftlicher Erkenntnisprozess

Explizite Instruktion, also das Thematisieren von naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen als eigenständigen Unterrichtsgegenstand, wirkt sich positiv auf den Erwerb von experimenteller Kompetenz aus (Walpuski & Sumfleth, 2007). Hierfür wird eine Abbildung des naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozesses zur Verfügung gestellt (s. Abbildung 1). Wir empfehlen, diese den SchülerInnen während der Einheiten zur Verfügung zu stellen (z.B. über eine PowerPoint Präsentation oder auszudrucken). Zu Beginn jeder Einheit sollte thematisiert werden, wo man sich in diesem Prozess befindet und welche Teilprozesse während der Einheit durchlaufen werden. So ist den SchülerInnen zu jedem Zeitpunkt bewusst, welchen Teilprozess sie gerade erarbeiten. Gleichzeitig bietet dieses Vorgehen eine Strukturierungshilfe und durch die stetige Wiederholung eignen sich die SchülerInnen das Fachwissen über den naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess an.

Strukturierungshilfe: Ideenkarten

Ideenkarten sind eine Unterstützungsmaßnahme, die sich ebenfalls positiv auf den Erwerb von experimenteller Kompetenz auswirkt (Walpuski & Sumfleth, 2007). Auf Ideenkarten können SchülerInnen erstmal alles notieren, was zu ihrer Idee gehört. Anschließend gehen die SchülerInnen mit dieser zur Lehrkraft und besprechen diese. So bekommen sie direktes Feedback zu ihrer eigenen Idee. In unserem Arbeitsmaterial wird dies vor allem für die Hypothesenbildung und die Planung von Experimenten eingesetzt. So kann sichergestellt werden, dass die SchülerInnen keine ungültigen Hypothesen bilden oder ungültige Experimente planen, aus denen am Ende keine gültigen Ergebnisse und Schlussfolgerungen gezogen werden können. Außerdem erhalten die SchülerInnen instruktives Feedback von der Lehrkraft, wodurch der Lernprozess angekurbelt werden kann.

Fehlerkorrektur: Fragekarten

Das zur Verfügung stellen von Zeit für Rückfragen und ein damit einhergehendes Feedback durch die Lehrkraft kann den Erwerb von experimenteller Kompetenz unterstützen (Walpuski & Sumfleth, 2007). Dies geschieht durch Fragekarte, die die SchülerInnen hochhalten können und somit eigenständig diese Zeit einfordern können. Die SchülerInnen erhalten Antworten auf ihre Fragen und so können Fehler frühzeitig durch die Lehrkraft korrigiert werden.

Fragekarte

eigene Darstellung, Hänel, 2023

01 - Experiment: Eine eigene Pilzzucht erstellen
02 - Modell: Spiel zur Artenkunde von einheimischen Pflanzen
03 - Experiment: Die Bedeutung der Regenwürmer für den Lebensraum Boden
04 - Untersuchung: Nahrungsnetze im Komposthaufen
05 - Experiment: Anpassungen von Fischen an den Lebensraum Wasser
06 - Experiment: Asseln zeigen ihre Habitatpräferenz
07 - Modell: Das Flaschen-Ökosystem
08 - Untersuchung: Fließgewässer als Ökosystem
09 - Modell: Die Fotosynthese als Modell
10 - Modell: Der Weg von Mikroplastik in Fließgewässer als Modell
11 - Experiment: Destruenten bauen organische Stoffe ab
12 - Experiment: Die Lebensgemeinschaft von Einzellern
13 - Experiment: Wasserverbrauch bei CAM - und C3-Pflanzen
14 - Experiment: Die Folgen von intra- und interspezifischer Konkurrenz auf das Pflanzenwachstum
15 - Experiment: Einfluss abiotischer Faktoren auf das Pflanzenwachstum
16 - Experiment: Der alkoholische Gärungsprozess mit Hefe
17 - Experiment: Der Treibhauseffekt erwärmt die Luft
18 - Experiment: Außenfaktoren beeinflussen die Fotosyntheseleistung
19 - Literaturverzeichnis